Urteil des EuGH: Weitere Rüge für den Glücksspielstaatsvertrag
Zuletzt aktualisiert & geprüft: 13.11.2024
Ein weiterer Schlag gegen den deutschen Glücksspielstaatsvertrag: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat wieder einmal die deutschen Vorschriften zur Regulierung des privaten Glücksspielsektors gerügt. Damit einher geht eine Einschränkung der Befugnisse der deutschen Behörden, private Glücksspielanbieter zu sanktionieren.
Inhaltsverzeichnis
- Sanktionen gegen Wettanbieter sind nicht zulässig
- EU-Kommission könnte Verfahren eröffnen
- Hessen fordert Reformen des Glücksspielstaatsvertrags
Sanktionen gegen Wettanbieter sind nicht zulässig
Nachdem Ende vergangenen Jahres der Verwaltungsgerichtshof Hessen die Vergabepraxis der Konzessionen an private Glücksspielbetreiber als rechtswidrig kritisiert hatte, stoppte man endgültig die seit 2012 verbindliche Vergabe der Lizenzen für die Glücksspielanbieter. Die Vergabepraxis, die auf eine mehrjährige Experimentierphase angelegt war, gilt spätestens seit diesem Zeitpunkt als gescheitert. Der EuGH schloss aus diesem Urteil aus Hessen im Falle einer Klägerin, die ein Wettbüro in Bayern betreibt und dort Wetten mit Anbietern vermittelt hatte, die keine deutsche Konzession erhalten hatten, dass behördliche Sanktionen ihrem Wettbüro gegenüber nicht haltbar seien: Mit dem Unionsrecht sei es nicht konform, die Frau für die Vermittlung der Wetten zu belangen.
Das bayerische Amtsgericht Sonthofen hatte sich zuvor mit dem Fall an den EuGH gewendet, um die Vereinbarkeit von deutschem Recht und Unionsrecht zu ermitteln; der EuGH bestätigte dann, dass man die Frau nicht belangen könne. De facto hat das Urteil damit die Wettanbieter aus einer rechtlichen Grauzone befreit, innerhalb der die nicht von den Konzessionen begünstigten Anbieter seit Jahren leben: Die deutschen Vorschriften müssen sich fortan an den weitaus liberaleren EU-Bestimmungen orientieren.
EU-Kommission könnte Verfahren eröffnen
Die Beschränkung der Konzessionen, die im Glücksspielstaatsvertrag auf die willkürliche Anzahl von deutschlandweit 20 Lizenzen beschränkt ist, hat der EuGH dagegen nicht gerügt. Trotzdem ist das Urteil aus Luxemburg ein deutliches Zeichen, welches auch die EU-Kommission aufgreifen wird: Sie könnte aufgrund des mehrfach kritisierten deutschen Glücksspielstaatsvertrags ein Verfahren aufgrund Vertragsverletzung gegen Deutschland eröffnen. Damit dies nicht geschieht, wäre eine schnelle außergerichtliche Einigung in Form einer Anpassung des geltenden Glücksspielstaatsvertrags erforderlich.
Hessen fordert Reformen des Glücksspielstaatsvertrags
Von Seiten des mit der Vergabe der Konzessionen beauftragten Bundeslandes Hessen werden schon seit geraumer Zeit Reformen der geltenden Vorschriften gefordert. Innenminister Beuth hat angekündigt, sich für eine Abschaffung der quantitativen Beschränkung der Konzessionen stark zu machen und stattdessen eine qualitative Beschränkung einzuführen: Damit könnte jeder Wettanbieter, der die erforderlichen Standards erfüllt, eine Lizenz erhalten.
Die dem Glücksspielstaatsvertrag vorangegangenen Staatsverträge – der Lotteriestaatsvertrag aus dem Jahr 2006 sowie der Glücksspielstaatsvertrag aus dem Jahr 2010 – waren ebenfalls vom europäischen Gerichtshof gerügt worden.